Geschichte der belgischen Küstenfunkstellen - Fortsetzung 3 v 9


"Antwerpen Radio" (OSA)

Als sie aus Le Havre zurückkehrten, hatten die Techniker der Funkdienste einen Teil der Ausrüstung, die während des Krieges dort verwahrt worden war, zurück gebracht. Ende 1919 begann der Aufbau des Senders "Antwerpen Radio" im ersten Stock des Gebäudes der Lotsenstation. Wegen des noch unzulänglichen Funkverkehrs mit den Schiffen, wurde zu dieser Zeit nur tagsüber gearbeitet. Bei einer Überlastung des normalen Telegraphenamtes wurde die Funkstation selbst genutzt, um den Austausch der Telegramme mit England sicherzustellen. Erst im Jahre 1920 versah diese Küstenfunkstelle den Dienst rund um die Uhr.

Die Küstenfunkstelle verfügte über zwei Sender mit gedämpften Wellen und einer Leistung von 1 kW. Zusätzlich verfügte sie über einen batteriebetriebenen Hilfssender, der unter optimalen Bedingungen Het Steen in circa einem Kilometer Entfernung erreichen konnte. Der Empfang lief über einen Detektorempfänger dessen Verstärker mit drei Trioden bestückt war. Während dieser Zeit konnte man noch von Leuchtröhren sprechen, denn wenn aufgrund der Netzspannung die Beleuchtung schwach war, öffnete man die Klappen des Lampengehäuses des Verstärkers um mehr Licht zu haben!

Im Jahre 1925 zog "Antwerpen Radio" in einen Anbau der Lotsenstation um, und blieb dort beherbergt bis 1959. Man installierte einen großen Sender mit gedämpften Wellen und einer Leistung von 10 kW, der zu jener Zeit ideal für große Entfernungen war. Wenn dieser Sender arbeitete, hatten all die glücklichen Besitzer eines Rundfunkgerätes die Möglichkeit, das Morsen zu lernen, da die Aussendungen von "Antwerpen Radio" das gesamte Wellenspektrum abdeckten.

Glücklicherweise existierte noch ein alter umgearbeiteter Sender mit einer Leistung von 1 kW, der so oft wie möglich eingesetzt wurde. Zum Empfang verfügte "Antwerpen Radio" über einen linearen Rückkopplungsempfänger.

Im Jahre 1928 wurde ein Röhrensender mit einer Leistung von 4 kW und mehreren Frequenzen installiert. Der Funkverkehr stieg an. Im Jahre 1929 begann die Errichtung eines Telephoniesenders in einer Holzhütte in der Nähe der Station Waas in Antwerpen-Rechteroever. Im Jahre 1930 wurden einige Lotsenboote mit Sprechfunk ausgestattet. Die Instandhaltung dieser Installationen und auch derjenigen der Navigationsschule und des Schulschiffes wurden dem technischen Dienst der Küstenfunkstelle anvertraut.

Die dritte Küstenfunkstelle

In den Dokumenten von 1928 bis 1946 ist häufig die Rede von einer dritten Küstenfunkstelle, neben "Antwerpen Radio" und "Oostende Radio", nämlich vom "Bureau Central Radio" (BCR), das zudem den Dienst von Belradio betrieb. Das "BCR" funktionierte in Zusammenarbeit mit der Sendestelle Ruiselede und der Empfangsstelle Liedekerke, mit dem Rufzeichen ORG.

Bereits im Jahre 1919 hatte die "Administration Belge des Télégraphes et des Téléphones" eine Empfangsstation gebaut, die es erlaubte, aus den USA kommende Nachrichten zu empfangen. Schließlich wurde, um dem Anwachsen des interkontinentalen Funkverkehrs gewachsen zu sein, entschieden, eine moderne Sendestelle in Ruiselede zu bauen. Am 19. Dezember 1923 legte König Albert den Grundstein. Die Einweihung konnte im Oktober 1927 stattfinden. Genau diese Station sollte in der Folgezeit die Kurzwellensendungen des Seefunkdienstes übernehmen. Sie war, seit ihrer Einrichtung, ein Teil des "Bureau Central Radio" und half so mit bei der Übermittlung im Seefunkdienst in dieser Epoche.

Das "Bureau Central Radio" strahlte zweimal am Tag eine Pressenotiz aus: die erste beinhaltete nur Nachrichten allgemeinen Interesses und die zweite Sendung wurde durch Börseninformationen ergänzt. Am Ende der Sendung wurde die "traffic list" mit den Rufzeichen der Schiffe ausgestrahlt, für die Telegramme vorlagen. Die Empfangsstelle Liedekerke hatte anschließend die Aufgabe, die Schiffsfrequenzen abzuhören, und im Falle einer Antwort von einem Schiff, sich mit diesem über die Sendestelle in Ruiselede in Verbindung zu setzen. Nach Herstellung der Verbindung trat das "BCR" in Dienst. Die Rolle des Funkers des "BCR" beschränkte sich auf die Übermittlung von Nachrichten. Die Empfangsbestätigung, die von dem Schiff nach Liedekerke gesendet wurde, konnte dem "BCR" erst nach Beendigung der Verbindung übermittelt werden. Angesichts der Komplexität der einzuleitenden Abläufe scheint die Bezeichnung "Küstenfunkstelle BCR" etwas übertrieben. Die benutzte Vorgehensweise war zu umständlich und erinnerte eher an eine zeitlich verschobene manuelle Fernbedienung. Sehr wahrscheinlich wurden aus diesem Grunde 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg die Aktivitäten des "BCR" von der Küstenfunkstelle "Oostende Radio" übernommen.