Geschichte der belgischen Küstenfunkstellen - Fortsetzung 2 v 9


Erste Entwicklung

 

Während dieser Periode, von 1902 bis zum Ersten Weltkrieg, hat der Funkdienst an Bord der Schiffe einen konstanten Aufschwung erlebt. Auch andere Länder bauten Küstenfunkstellen. Die Niederlande folgten dem belgischen Beispiel 1904: in jenem Jahr begann der niederländische Sender Scheveningen-Haven, der den Dienst für den täglichen Postdienst in Richtung England sicherstellen sollte, seine Aussendungen. Sofort sah man die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit.

Bei der ersten Konferenz in Berlin, im Jahre 1906, gründete man die Internationale Union für Radiotelegrafie, unter der Schirmherrschaft der seefahrenden Nationen. Aufsehende Rettungsoperationen, solche wie anläßlich des Untergangs der "Titanic" am 14. April 1912, die die ganze Welt und vor allem die großen Reeder in Atem hielten, führten zur Folgekonferenz über "den Schutz des menschlichen Lebens auf hoher See", die 1914 in London statt fand.

In der Zwischenzeit hatte sich auch die Art der Nachrichten verändert. Das Verschicken von Privattelegrammen stieg an. Im Jahre 1909 hatte das belgische Unternehmen "Compagnie de Telegraphie sans Fil" die Idee, täglich Presseinformationen zu senden, um es den großen Passagierdampfern zu ermöglichen, eine Zeitung an Bord zu drucken. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 zerstörte diese Zusammenarbeit. Vor der Besetzung eines Teiles der belgischen Küstenregion durch die feindlichen Kräfte, waren die Postschiffe bereits nach England und Frankreich verlegt worden. Während der ersten Schlacht von Yser wurde die Küstenfunkstelle "Nieuport" zerstört. Das Personal wurde nach Le Havre verlegt, wo eine provisorische Station eingerichtet worden war.

1918 - 1930

Unmittelbar nach dem Rückzug der Besatzungsmacht machte man sich an den Wiederaufbau des Seefunkdienstes. Dieses Mal wurde Ostende als Sitz ausgewählt. Die ehemals geltend gemachten Gründe für die Errichtung der Station in La Panne waren überholt. In der Zwischenzeit hatte die Funktechnik einen so enormen Aufschwung erlebt, daß für die Postschiffe die Entfernung Nieuport - Ostende bezüglich des Sendens und Empfangens, keine Rolle mehr spielte. Die neue Station mit dem Rufzeichen "OST", wurde in Holzhütten, nahe dem Wasserturm, untergebracht. Sie wurde mit Material ausgestattet, das von den Technikern, die aus Le Havre kamen, verwahrt worden war. Zur selben Zeit wurden Vorkehrungen für die Errichtung einer zweiten Küstenfunkstelle in Antwerpen getroffen. Die steigende Zahl von Schiffen, die mit Funk ausgerüstet waren, und die Ausweitung des Funkverkehrs warfen Probleme wegen der Überlastung der verfügbaren Frequenzen auf. Dem mußte folglich abgeholfen werden.

Die Funkensender mit gedämpften Wellen wurden durch Röhrensender mit einer engeren Bandbreite ersetzt. Die Empfindlichkeit und die Trennschärfe der Empfänger wurde verbessert. Die Kurzwellentechnik schuf zudem neue Möglichkeiten.

"Oostende Radio" (OST)

Die neue Küstenfunkstelle "Oostende Radio", Rufzeichen OST, war in Seefahrerkreisen besser bekannt unter dem Namen "der Zirkus" und für die Bewohner von Ostende unter dem Namen "der Watertorre", herrührend von der merkwürdigen Architektur und der Holzhütten, in der Nähe des städtischen Wasserturms, der als Sendemast diente. Im Hinblick auf Ausstattung und Möglichkeiten unterschied sie sich sehr von ihrer Vorgängerin in Nieuport-Bad. Die Sendeleistung war größer und zwar so, daß alle europäischen Gewässer erreicht werden konnten. Eine ständige Hörbereitschaft auf der Notfrequenz 500 kHz überwachte die Nordsee. Auch wenn schon 1925 Versuche unternommen wurden, wurde der Sprechfunk erst 1928 einsatzfähig. Da die Gebäude rund um den Wasserturm zu klein geworden waren, zog die Sprechfunkabteilung in ein kleines Gebäude der Flugdienste um, in der Chaussee de Torhout, in der Nähe des Flugfeldes.