Geschichte der Küstenfunkstelle Scheveningen Radio (Teil 8) |
Verbindung
über Satellit Die Parabolantenne auf dem Dach des PCH-Gebäudes ist für die Verbindung mit Nederhost den Berg aufgebaut worden. Die Form dieser Antennen, der Parabol, dient der Bündelung der Signale. Diese Bündelung ist notwendig um mit so wenig Energie wie möglich eine große Distanz zuverlässig zu überbrücken. Will man große Distanzen ohne Zwischenstation überbrücken, werden die Parabolantennen größer. Ein Vorbild davon steht in zweifacher Ausführung in Friesland. Dort befinden sich die zwei Antennen - Durchmesser je Antenne ca. 30 m - der PTT-Erdstation für die Satellitenkommunikation von Burum. Ein Resultat des Zusammengehens von Technologie, in diesem Falle der Elektronik und der Raumfahrt. 1945 erschien in einem elektronischen Fachblatt ein Artikel des bekannten britischen Autors Arthur C. Clarke. Darin skizzierte er die Möglichkeit eines weltumspannenden Kommunikationsnetzes mit Hilfe von geostationären Satelliten. Diese Satelliten befinden sich ungefähr auf 36000 km Höhe über dem Äquator auf einer Umlaufbahn, und stehen von der Erde aus gesehen fest. Ausgerüstet mit Sende- und Empfangsgeräten dienen sie den Erdfunkstationen als "aktive" Zwischenstation. Sein Plan ist Wirklichkeit geworden, Dank der schnellen Entwicklung in der Elektronik, und in der Computertechnologie. Parallel dazu lief die Entwicklung in der Raumfahrt, und nur sie hat dieses möglich gemacht. 1957 drehte der erste "künstliche Stern" der russische "Sputnik" piepsend seine Runden um die Welt. 1962 wurden Fernsehbilder und Nachrichten auf dem Atlantischen Ozean über den amerikanischen "Telstar-Satelliten" vermittelt. Dies war der erste "aktive" Satellit. Die Signale wurden empfangen, verstärkt und wieder zurückgesendet. 1969 setzte der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond. Der Mann war der erste, der 1969 Gebrauch von dieser Art der Kommunikation machte. In diesem Jahr wurde erstmals eine drahtlose Verbindung zwischen Pearl Harbour und Washington verwirklicht, wobei der Mond die elektromagnetischen Wellen widerspiegelte. Dies war der erste "passive" Gebrauch eines Satelliten, in diesem Falle keines künstlichen.
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"Scheveningen Radio" spricht und hört!
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1964 wurden internationale Organisationen
gegründet, die für die Entwicklung und die Verwaltung der Kommuniktionssatelliten
verantwortlich waren, "Intelsat" und "Comsat". Holland ist seit Beginn
Mitglied von "Intelsat", einem Konsortium welches mehr als 100 Mitglieder hat.
Überall werden Erdfunkstationen gebaut die dem Senden und Empfangen über Satellit
dienen. 1973 wurde "Burum" durch Königin Juliana eröffnet. Die
PTT-Erdfunkstation verfügte lediglich über eine Parabolantenne für den Verkehr mit den
Ländern Europas, Afrikas, Nord- und Südamerikas. 1978 wurde eine zweite
"Schüssel" in Dienst gestellt, um den Verkehr mit Australien, Indonesien,
Japan, Hongkong, Korea und Singapur aufzunehmen. Nach Zuweisung der Frequenzen für den "Beweglichen Seefunkdienst" wurde ein Anfang mit der Satellitenkommunikation für die Seeschiffahrt gemacht. Zu Anfang über das amerikanische "MARISAT"-System. Wie bei der Entwicklung der Satellitenkommunikation in den 60er Jahren wurden auf internationaler Ebene Überlegungen angestellt, eine internationale Satellitenorganisation einzurichten. 1979 wurde als Resultat die "Inmarsat"-Organisation gegründet. Diese Organisation regelt den Gebrauch der geostationären Satelliten für die weltweite maritime Kommunikation, und später die Positionsbestimmung auf See. Die Postitionsbestimmung auf See nutzt den Doppler-Effekt mit Hilfe der amerikanischen Satelliten aus, die nicht geostationär sind. Im Dienste von "Inmarsat" sind an "Intelsat" Aufträge vergeben worden um 3 "Instelsat"-V-Satelliten mit einem "Maritimen Paket" von 30 Telefoniekanälen für die Seefahrt auszurüsten. An die ESA (European Space Agency) erging der Auftrag für den Bau von drei neuen geostationären Satelliten des Typs "MARECS" für die maritime Kommunikation. Die technischen Möglichkeiten der Kommunikationssatelliten werden von der Seefahrt voll genutzt. Neben den heutigen Radar- und anderen Antennen auf den Schiffen werden wir in nächster Zukunft auf dem Meere kleine Parabolantennen zu sehen bekommen, welche eine schnelle und zuverlässige Kommunikation und später auch Navigation ermöglichen. Das Sprachwunder von PCH Di-da-da-dit, da-di-da-dit, di di di dit; das Rufzeichens von PCH ertönt unzählige Male im Äther. "Scheveningen Radio" wird gerufen, "Scheveningen Radio" antwortet. Für Außenstehende sind dies unbegreifliche Pieptöne, für Insider eine klare Sprache: die Morsezeichen. Genau das gleiche gilt für das gesprochene Wort. Was die Holländer eine Tafel nennen ist für den Franzosen genau das gleiche Möbelstück allerdings, es hat einen anderen Namen, bzw. einen anderen "Code". Spricht der Franzose kein holländisch, dann bekommt er Probleme wenn er sich verständlich machen will. Sprachprobleme, eine babylonische Sprachverwirrung. Bei einem internationalen Betrieb wie "Scheveningen Radio" sind Sprachkenntnisse besonders gefragt. Sonst bleibt die Stimme des Senders der gerufen wird stumm. Glücklicherweise ist die Funksprache in vielen Fällen englisch. Die meisten Abkürzungen die gebraucht werden, stammen aus dem Englischen. Mehr noch, wenn z.B. ein spanischer, libanesischer, brasilianischer oder griechischer Funkoffizier auf Telefonie ruft, können Mißverständnisse entstehen, da die Aussprache im Englischen von Land zu Land verschieden ist Als Alexander Graham Bell am 10. März 1876 über sein Telefon mit seinem Assistenten Watson sprach, war es gut, daß jener die Worte verstand: "Mister Watson, I need you please come overhere"! Watson kam, er verstand die Sprache und war an ihre Aussprache gewöhnt. Die Damen (und auch Herren) der Radiotelefonie-Abteilung haben stündlich mit unterschiedlichen Sprachen zu tun. Da es nahezu unmöglich ist, alle Sprachen zu beherrschen, hat "Scheveningen Radio" eine eigene Sprachschule auf der 5. Etage eingerichtet. Moderne zur Verfügung stehende Ausrüstung sorgt dafür, daß Englisch, Französisch und Deutsch für die Menschen bei PCH kein Geheimnis bleiben. Nach der schriftlichen Ausbildung erfolgt eine weitere Ausbildung für die praktischen Sprachkenntnisse, die täglich neu in der internationalen Kommunikation mit Schiffen auf See gebraucht werden. Aber nicht nur alleine da. Der UKW-Sprechfunkdienst, der Funkverkehr für kurze Entfernungen, hat auch Kunden aus allen Himmelsrichtungen. Die niederländischen Wasserstraßen sind mit Schiffen und Kapitänen aus vielen europäischen Ländern bevölkert. Schweizerische Rheinschiffe sind glücklich, wenn sie in ihrer eigenen Sprache mit PCH sprechen können. Es ist immer einer in der Nähe der mit seinen Sprachkenntnissen aushilft und in der Landessprache des Anrufers antworten kann. Nach dem Sprachunterricht wird der Radiotelefonist technisch weiter ausgebildet und zwar in der Bedienung der Geräte, in den verschiedenen Sendesystemen und auch in der Geographie. Letzteres ist rein auf die Topographie ausgerichtet, wo liegt welche Küstenfunkstelle, woher kommt der Anruf eines Schiffes wenn man die Position: 12 Grad nördliche Breite, 69 Grad westlicher Länge hört - für Neugierige, diese Position befindet sich im Südwesten von Curacao -. So reist man in Gedanken um die Welt. Von der Ausbildung direkt in die Praxis. Der Beruf des Sprechfunkers bei "Scheveningen Radio" hat etwas abenteuerliches an sich. Es ist kaum ein Wunder daß dafür jedes Jahr aufs neue, das notwendige Interesse bestehen bleibt und das zwei Instrukteure täglich, beinahe 8 Monate pro Jahr, beschäftigt sind, die neuen Damen in die Geheimnisse der Kommunikation mit dem fahrenden Teil der Menschheit einzuweihen, auch wenn Wochenenddienst und regelmäßig Nachtdienst geleistet werden muß. Vielleicht sind es die spannenden Momente der Funkstille, vielleicht ist es faszinierend eine Stimme, die hunderte von Meilen entfernt ist zu empfangen, vielleicht ist es der nüchterne Gedanke, das man über freie Zeit verfügt, wenn andere arbeiten. Eines ist deutlich, die Telefonisten von PCH erfüllen einen gesellschaftlichen Nutzen, sie sorgen dafür, daß Menschen miteinander in Kontakt treten. |