"Bern Radio", die Schweizer Küstenfunkstelle

Angesichts der Schließungen zahlreicher Küstenfunkstellen soll hier wieder einmal die erfreuliche Tatsache erwähnt werden, daß wir in der Schweiz mit "Bern Radio" über eine gut ausgerüstete Kurzwellenstation für den Verkehr mit Schiffen, Flugzeugen und Bodenfunkstellen verfügen. Gerade weil wir nicht an ein Weltmeer grenzen, behält eine HF-"Küstenfunkstelle", trotz Satellitenübermittlung, eine wichtige Funktion. Bei allem Fortschritt der Satellitentechnologie darf nicht vergessen werden, daß deren Funktionieren von einem immensen und damit auch sensiblen technischen Aufwand abhängig ist. Zudem sind Benutzer von Satellitensystemen auf Gedeih und Verderb von Unternehmen abhängig, auf deren Unterstützung in Krisensituationen wir keinerlei Einfluß haben. Wie jeder OM unschwer bestätigen kann, ist dagegen die HF-Verbindung ein simples, preisgünstiges und von Drittleistungen unabhängiges Kommunikationsmittel.

Im professionellen Kurzwellenverkehr sind Duplex-Verbindungen durchaus üblich, weshalb Sende- und Empfangsort auf dem Festland getrennt sein müssen. In Riedern bei Bern sind von weitem die Antennen der "Bern Radio"-Empfangsstation sichtbar, die Sender befinden sich, zusammen mit dem Langwellen-Zeitzeichensender, in Prangins bei Nyon.

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Empfangsstation Riedern/Bern, Schweiz

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Sendestation Prangins bei Nyon

Ohne Morsetasten

Am 30. März 1990 wurden auch bei "Bern Radio"/HEB die Morsetasten definitiv von den Operateur-Pulten entfernt. Viele OM’s bedauern, daß diese traditionsreiche Betriebsart im kommerziellen Funkverkehr verschwunden ist, aber gerade die Entwicklungsarbeit technisch engagierter Funkamateure haben dem Kurzwellenfunkverkehr die Neuerungen gebracht, welche ihn auch in der Zeit der Satellitenkommunikation immer noch attraktiv erhalten. So wird bei "Bern Radio", nebst dem SSB-Sprechfunkverkehr, eine vollautomatische Radiotelexanlage betrieben, die im SITOR-Verfahren arbeitet, jedem Kurzwellenamateur unter AMTOR bekannt.

Das viel schnellere PACTOR-Verfahren wurde aber bereits von den "Profis" in seinem Wert erkannt und bildet die Übermittlungsbasis des neu bei "Bern Radio" eingeführten DTS-Systems (data transmission system). Mit Hilfe eines Kurzwellentransceivers , eines PACTOR-Modems (zum Beispiel PTC II) und eines Laptops kann vollautomatisch e-mail, Fax und Telex übermittelt werden. Zudem unterstützt das DTS einen automatischen Einwählvorgang auf das öffentliche Telefonnetz, so daß bei einigermaßen günstigen Bedingungen aus jeder Ecke der Welt über HF jeder Telefonteilnehmer erreicht werden kann. Eine ganze Reihe von Transceivern, darunter befinden sich auch Amateurfunkgeräte, werden vom DTS ferngesteuert, so daß der Anwender sich nicht einmal mehr Gedanken zur HF-Übermittlung mache muß. Würde "Bern Radio" eine Frequenz ändern, so programmiert sich das DTS-System des Anwenders beim nächsten Kontakt mit "Bern Radio" selbständig um.

Die Sprechfunk-Kunden von "Bern Radio" sind Handelsschiffe und Yachten auf hoher See, Verkehrsflugzeuge, Expeditionen und Hilfswerke weitab der Zivilisation oder in Krisengebieten. Alle neu in Dienst gestellten Handelsschiffe unter Schweizer Flagge werden routinemäßig mit dem neuen DTS ausgestattet und auch einige Yachties leisten sich bereits diesen durchaus zahlbaren Komfort. SITOR-Radiotelex wird ebenfalls von der Handelsschiffahrt beansprucht. Nicht zuletzt sei die Schweizerische Eidgenossenschaft erwänt, für welche "Bern Radio" im Katastrophenfall das zivile Kommunikations-Rückgrat darstellt. Empfangs- und Sendestandort besitzen zu diesem Zwecke eine zuschaltbare autonomische Stromversorgung.

Der Betrieb von "Bern Radio" wird von 6 computergestützten Arbeitsplätzen am Empfangsstandort in Riedern aufrechterhalten. Der Operator hat vollen Zugriff auf die Empfänger, die ferngesteuerten Sender in Prangins und die dazugehörigen Antennen sowie zum öffentlichen Telefonnetz zur Herstellung der handvermittelten Verbindungen. Die geloggten Daten sind zugleich Grundlage für die Abrechnung mit den Kunden.

Die gegenwärtig in Prangins installierten Sender sind Marconi-Geräte im Leistungsbereich von 3 bis 30 kW Ausgangsleistung. Die heutigen hochwärtigen HF-Stationen der Kunden erlauben jedoch eine gute Verbindung mit Leistungen weit unter einem kW, so daß nur in ungünstigen Situationen zum "Holzhammer" gegriffen werden muß. Als Antennen finden logarithmisch-periodische, Vertikal-Rundstrahler, Breitband-Dipole und Rhombusantennen Verwendung. Beliebteste Empfangsantenne in Riedern ist die aktive "Hermes"-Antenne, deren Richtcharakteristik elektronisch und damit ohne Zeitverzögerung vom Operator augenblicklich eingestellt werden kann.

 

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Betriebsstelle "Bern Radio"

 

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Sender in Prangins in der Nähe von Genf